Johannes Chwalek
Gespräche am Teetisch
13,00 € inkl. MwSt
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Eine Kleinstadt in der Pfalz.
Johannes Chwalek lässt den Protagonisten aus der Ich-Perspektive sprechen, gibt ihm eine Stimme: ein zunächst ungeschriebenes Protokoll der Grausamkeit, Gleichgültigkeit und des Zynismus entwickelt jener Junge aus einer pfälzischen Kleinstadt, während sein Vater vornehmlich an Sonn- und Feiertagen philosophische Weisheiten vermittelt.
BERNHARD RUPPERT
PETRA SEITZMAYER
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PRESSESTIMMEN:
Bergsträßer Anzeiger vom 07.02.2020 “Das Internat als Zufluchtsort” von Thomas Tritsch
“Die literarische Qualität findet sich vor allem in der nüchternen Schilderung, die gerade durch ihre unprätentiöse, auf Effekte verzichtende Klarheit den Leser in Hirn und Herz zu erreichen vermag.” THOMAS TRITSCH, Bergstraße Anzeiger
rbbKultur LESESTOFF am 15.07.2019 – Eine Rezension von Jörg Magenau
“Das Buch lebt ganz und gar vom Stoff, aber auch von der unmittelbaren Direktheit der Darstellung. So bleibt der Text das, was er ist: Ein erschütterndes Dokument und Zeugnis der Kraft der Sprache.” JÖRG MAGENAU, rbbKultur
Zusätzliche Informationen
Autor | Johannes Chwalek |
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Verleger | edition federleicht |
5 Bewertungen für Gespräche am Teetisch
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Zugleich zeigt das Buch auf, dass die beiden Grundbegriffe der Absurdität und des Glücks sowohl im Hinblick auf das individuelle als auch für das gesellschaftliche Leben bedeutsam sind.
Schließlich untersucht der Autor, auf welchem geistigen Nährboden die humane Gesinnung in den Texten und im persönlichen Wirken Albert Camus’ erwächst.
Thomas Berger –
ZEIT DES SCHRECKENS
Über das Buch Gespräche am Teetisch von Johannes Chwalek
Warum schreibt ein versierter Autor über autobiographisch gefärbte Erlebnisse im Familienkreis? Und weshalb brauchen wir ein solches Buch?
Gespräche am Teetisch – so lautet der harmlos anmutende Titel des Romans, der im Jahre 2019 in dem unabhängigen Verlag edition federleicht in Frankfurt am Main erschien. Harmlos ist das, wovon Johannes Chwalek erzählt, keineswegs: Es geht um Missachtung, Unterdrückung und Gewalt.
Zum beschriebenen Haushalt gehören nach dem frühen Tod der Mutter fünf Geschwister sowie zwei weitere Kinder aus der Beziehung zwischen dem Vater und der Stiefmutter. Während die Frau ihre eigenen Kinder schont, übt sie unsäglichen Druck auf die „fremden“ Kinder des Mannes aus, der im Text bezeichnenderweise stets als „biologischer Vater“ tituliert wird. Welche Rolle spielt er in der zerstörerischen Familienatmosphäre, in der körperliche und seelische Gewalt an der Tagesordnung sind? Er bleibt entsetzlich passiv, schützt seine leiblichen Kinder nicht vor der krankhaft herrschsüchtigen Frau und gibt lediglich beschwichtigende Äußerungen von sich, welche die Fortdauer des Schreckens ermöglichen.
Jeannot, der Protagonist, ist eines der gepeinigten Kinder. Er nimmt gedanklich Zuflucht zum Schreiben eines Tagebuchs, um so über die quälenden Erfahrungen nachzusinnen. Als er schließlich wegen schlechter Schulleistungen in ein Internat kommt, wird der Präses, ein Erzieher, zu seinem Retter. Mit ihm führt der Junge Gespräche am Teetisch, ihm vertraut der Ich-Erzähler die im Schutz der Schule tatsächlich geschriebenen Tagebuch-Aufzeichnungen an. In der Folge geht das Sorgerecht von den Eltern auf den Internatserzieher über.
Warum schreibt ein versierter Autor über autobiographisch gefärbte Erlebnisse im Familienkreis? Und weshalb brauchen wir ein solches Buch?
Johannes Chwalek, geboren 1959 in Flörsheim am Main, ist im Hauptberuf Gymnasiallehrer für Deutsch, Geschichte und Philosophie. Er hat bereits zahlreiche Titel veröffentlicht: Einzelausgaben, Aufsätze und Belletristik in Sammelbänden und Anthologien, Rezensionen sowie weitere Beiträge. Gegenwärtig verfasst er überwiegend didaktische Literatur. In seinem beruflichen Wirken mag einer der Gründe für das Entstehen des Buches Gespräche am Teetisch liegen. Denn Johannes Chwalek versteht es, sich auf Menschen einzulassen, über sie zu reflektieren und Probleme zu erkennen und zu benennen. Diese Fähigkeit zeigt sich auf eindrückliche Weise in dem Roman, dessen Fundament die eigenen jugendlichen Aufzeichnungen sind. Schon der damalige Tagebuch-Schreiber der 1970er Jahre war in der Lage, Erlebtes in Worte zu fassen und damit den Boden für das Verstehen zu bereiten. Schülerinnen und Schüler, die einen Lehrer haben, der Sensibilität und Einfühlung in andere besitzt, kann man nur beglückwünschen.
Neben der pädagogischen Ader zeichnet Johannes Chwalek ein hohes Maß an Verantwortungsbewusstsein aus. Ich denke dabei an eine Aussage des französischen Philosophen Gilles Deleuze, der in dem Werk Was ist Philosophie? im Blick auf den Holocaust von der „Scham, ein Mensch zu sein“ spricht und erläuternd hinzusetzt: „Wir sind nicht für die Opfer verantwortlich, vielmehr vor den Opfern.“ In diesem Sinne lässt sich sagen: Der Autor Johannes Chwalek übernimmt mit seinem Buch Gespräche am Teetisch, indem er persönlich Erlebtes in Sprache setzt, gleichsam Verantwortung vor allen Opfern von Gewalt und Apathie.
In einer Zeit zunehmender Radikalisierung in der Gesellschaft ist die einfühlsame Auseinandersetzung mit Gewalterfahrungen hilfreich. Deshalb brauchen wir ein solches Buch, das nicht allein von einer einzelnen Familie und einer pfälzischen Kleinstadt handelt, sondern darüber hinaus eine gesellschaftskritische Dimension besitzt.
Dana Polz –
Nichts für schwache Nerven — aber anspruchsvolle Leser!
Beklemmende und atemraubende Lektüre, die in reduzierter, pointierter Sprache ihre literarische Kraft zu entfalten weiß!
Edyta –
Die Geschichte hat mich von Beginn an sehr erschüttert. Als Mutter konnte ich dieses Buch nicht lesen, ohne zu weinen. Man muss wirklich stark sein, um nach solchen Erfahrungen, wie sie die Hauptfigur Jeannot machen musste, als Erwachsener normal zu funktionieren und anderen Menschen Liebe schenken zu können.
Wir müssen uns gegenseitig Aufmerksamkeit widmen, vor allem den Kindern, denn oft sind wir die einzigen Personen, die ihnen beistehen. Von uns hängt es ab, wie ihr weiteres Leben aussehen wird. Auch daher ist dieses Buch sehr wichtig.
Dieses Buch ist so, wie ein Buch sein soll – es soll berühren und zum Nachdenken anregen. Ich bin wieder zu der Meinung gelangt: Was uns nicht umbringt, macht uns stärker. Aber können wir nicht stark sein ohne schlechte Erfahrungen? Vielleicht nicht. Vielleicht sind diese Erfahrungen doch unentbehrlich, um etwas im Leben zu erreichen. Ein Zitat aus dem Buch bestätigt das: „… um das Böse womöglich selbst zum Guten umzulenken und die Kraft oder Energie, die das nicht sein Sollende entwickelt, selbst für die wahre Bewegung zu benutzen.“
Ich empfehle dieses Buch jedem. Es MUSS gelesen werden. Vielen Dank an den Autor und den Verlag.
Michael Lalk –
Als ich den Kurzinhalt dieser Neuerscheinung las, fand ich das Thema des Spannungsbogens zwischen Gewaltorgien und pathetischen Reden interessant. Richtig gepackt hat mich das Buch dann beim Lesen aus zwei Gründen. Ich erkannte, dass auch ich mehrere Jahre in diesem beschriebenen Internat, „Konvikt“, gelebt hatte, wenn auch mehrere Jahre zuvor, aber noch mit zwei der dort genannten Erziehern zu tun hatte. Alles was der Autor über sie im Buch geschildert hat, konnte ich unterschreiben.
Aber zu lesen, was ein Mitschüler an Grausamkeiten, Missachtungen, ja schon Brutalitäten in seinem „Elternhaus“ ertragen musste, hat mich mehr als nachdenklich gemacht, es hat mich sehr berührt.
Was wusste ich von dem familiären Background meiner vielen Mitschüler? Erklärten sich mache Eigenarten mit dem, was sie erlebt hatten und vielleicht daheim immer noch erlebten? Wie konnte es sein, dass einem Mitschüler die Ferien ein Gräuel waren, weil man wieder in das alte Leben zurückmusste, wo Lieblosigkeit und Brutalität herrschten und auch jegliche Anerkennung oder Wertschätzung ausblieb? Kann man überhaupt in einem solchen Klima als Kind heranreifen?
Wie schaffte es der Autor, sich als junger Mensch vom „alten Leben“ zu lösen? Welche Kräfte haben sich da entwickelt? Das ist in diesem Buch wunderbar beschrieben, ohne jeden Hass, aber auch nachvollziehbar.
Was dann passierte, war kein Zufall, es war eine Fügung, dass der Autor an den richtigen Erzieher geriet, ein Jesuit, den auch ich zu meiner Zeit sehr geschätzt hatte. Alles wunderbar und nachvollziehbar geschildert. Ich will hier nicht zu viel verraten.
Ein sehr lesenswertes Buch, das ich ohne Wenn und Aber empfehlen kann.
Bernhard Ruppert –
Das erste Kapitel des Romans Gespräche am Teetisch heißt „Die Misshandlung meiner Schwester“ (S. 11-33) und entfaltet die Gewaltexzesse der Stiefmutter an der älteren Schwester des Protagonisten. Er erzählt diese Szene in der Ich-Perspektive aus der Sicht eines zehnjährigen Kindes. Die hinterhältige Brutalität der Stiefmutter wird detailreich geschildert, die doppelbödige Moral eines scheinbar gutbürgerlichen, geordneten Lebens exakt beschrieben, sodass man sich unwillkürlich fragt, ob dieser Roman nicht autobiographische Züge trägt. Welcher Romancier könnte solche Szenen in dieser lebendigen Dichte erdenken und inszenieren? Andererseits fragt man sich bei der Lektüre, ob das Geschriebene nicht die Vielzahl heutiger Missbrauchs- und Gewaltdelikte gegen Minderjährige und Schutzbefohlene — sei es in Internaten, Pflegeheimen oder im häuslichen Rahmen — wiedergibt, also unsere gesellschaftliche Ist-Situation authentisch beschreibt. Denn die im Roman geschilderten Verhaltens-Muster gleichen jenen der heutigen Realität genau. Das gesellschaftlich-soziale Phänomen des Missbrauchs geht damals wie heute durch alle gesellschaftlichen Schichten, alle Bildungs-Ebenen sowie alle Berufsgruppen. Die doppelbödige Moral eines dandyhaften “Dr. Jekyll” und eines moralisch psychisch-abgründigen, brutalen “Mr. Hyde” sind noch immer allgegenwärtig. Das Kapitel spiegelt folglich einen Lebens-bereich unserer Gegenwart wider, gerade so, als ob vermeintlich Vergangenes immerwährendes Nun geblieben sei.
Das zweite Kapitel, Tagebuchaufzeichnungen (S.33-112), kontrastiert die ungetrübte und unbeschwerte Kindheit im Internat, wohin der Protagonist Jeannot gebracht worden ist, mit der weiterhin gewalttätigen Situation zu Hause. Die Aufzeichnungen des Ich-Erzählers reichen von August 1970 bis November 1971. Internats-Erlebnisse und Schulalltag wechseln sich mit sog “Heimfahrwochenenden” und vor allem Rückblenden ab, in denen der Verfasser sein und seiner älteren Geschwister Leben unter dem Terror der „Herrscher des Einfamilienhauses“ vor seinem Internatseintritt schildert. Der letzte Eintrag des Tagebuchs vom 26. November 1971 vertauscht in Gedanken des Protagonisten und Ich-Erzählers die Rollen: Nun wird der biologische Vater von einem starken Kerl verprügelt, während Jeannot in die unbeteiligte, mitleidlose Rolle des Vaters schlüpft. Und wie einstmals Pontius Pilatus, so wäscht auch er nun seine Hände in Unschuld.
Das Kapitel Gespräche am Teetisch (S.112-165) atmet eine neue Atmosphäre. Der Präfekt des Internats in B., von Jeannot kurz “Prä” genannt, zeigt menschliche Wärme, Mitgefühl, Empathie. Er eröffnet dem nun dreizehnjährigen Jeannot die weite Welt der Literatur sowie durch ein länger währendes Gespräch über Menschenrechte, verbunden mit einem Besuch des Stadtarchivs in M., nicht nur einen Zugang zu sich selbst, sondern vor allem einen Ausweg aus dem elterlichen “Einfamilienhaus” mit seinen Gewaltexzessen. Der Prä als echter Pädagoge, der — pais agogein — das Kind an die wissende, weise Hand nimmt und es führt, wird der sokratisch-väterliche Freund für Jeannot. Selbst wenn nun über häusliche Gewalt berichtet wird, wird sie in einen verständnisvollen und hilfsbereiten Dialog zwischen dem Prä und Jeannot eingebettet und für wichtige Veränderungen in Jeannots Leben fruchtbar gemacht. Der Autor zeigt: Häusliche Gewalt ist weder “gottgegeben” noch blindes, unabwendbares Fatum — sie war und ist: Menschen-gemacht. Und damit veränderbar und abwendbar.
Im Kapitel Das Frühlingsfest (S.165-172) erfahren wir Jeannots Nachnamen: Haller. Nun ist der Jugendliche eine “komplette Person” geworden — und eine gefeierte Persönlichkeit. Denn seine Skulptur zu den Kinderrechten, die beim Frühlingsfest von ihm enthüllt wird, macht ihn bei seinen Internats-Kameraden, deren Eltern sowie den Pädagogen zum “Star”. Wäre die Erzählung nicht in den 1970er Jahren angesiedelt, wäre man versucht, Jeannot zu twittern oder ihn in facebook zu “liken” oder auch eine “WhatsApp” zu schicken, um ihm für seinen Erfolg zu gratulieren, so lebendig wird die Szenerie beschrieben. Andererseits, und hierin zeigt sich die Zeitlosigkeit dieses Einfalles, ist die Frage der Kinderrechte auch 50 Jahre später noch immer nicht angegangen, geschweige denn umgesetzt worden, wie die vielen Beispiele von Kindersoldaten oder Kindersklaven auf afrikanischen Kakao-Plantagen zeigen.
Im vorletzten Kapitel, Mein biologischer Vater muss zum Gespräch mit dem Rektor (S.172-180), wendet sich das Blatt: nicht der kleine bzw. jugendliche Jeannot steht nun sprachlos und ohnmächtig vor einem elterlichen Tribunal, sondern Jeannots biologischer Vater, “Herr Haller”, wird vor den Rektor des Internats zitiert und muss diesem, dem Präfekten sowie der Unterstufenleiterin Frau Heckl “Rede und Antwort” stehen. Der sonst so eloquente Vater ringt verzweifelt nach Worten, wohl wissend, dass er gegenüber seinen Kindern aus erster Ehe versagt hat. Ähnlich wie in einem klassischen Drama erreicht die Erzählung hier ihren Höhepunkt, da das missbrauchte Kind rehabilitiert und in seine Kinderrechte eingesetzt wird, während der „biologische Vater“ zur Verantwortung und Rechenschaft gezogen wird.
Der Autor legt in dieser kurzen Passage den Finger auf die Wunde: nicht Kinder können das gewaltsame Familien-System der Eltern auf- und aus diesem Abhängigkeits-Verhältnis ausbrechen. Es müssen couragierte Erwachsene sein, die beherzt Kindern (oder alten Menschen) zur Seite springen, wenn es gilt, Schlimmeres und Schlimmstes zu verhindern. Denn Gewalt trifft immer — damals wie heute — die Schwächsten der Schwachen: Kinder und hilfsbedürftige Alte. Deshalb: Courage!
Der knapp dreiseitige Nachtrag (S. 180-183) schließt das Gesagte in versöhnlicher Weise, insofern, als es dem Protagonisten Jeannot mit Hilfe seines väterlichen Freundes “Prä” gelungen ist, dem “Archipel Gulag” der häuslichen Gewalt zu entkommen und selbst nicht wie seine Stiefmutter gewalttätig zu werden oder aber wie sein biologischer Vater ohnmächtig zu bleiben. Es ist ein zusammenfassender, von einem Heute aus beschriebener Rückblick auf Gewesenes, der sich bis zum Tod der „Herrscher des Einfamilienhauses“ erstreckt, als der Protagonist nach Jahrzehnten der Abwesenheit wieder den Schreckensort seiner Kindheit betritt.
Ich wünsche diesem Roman eine wache, interessierte, vor allem jedoch gesellschaftlich engagierte Leserschaft, die nicht bloß hilflos mit den Achseln zuckt, ohnmächtig schweigt oder betreten-verlegen die Blicke senkt und wegschaut, wenn auf Straßen und Plätzen Aggressionen eskalieren oder aber im häuslichen Umfeld Gewalt-Exzesse hinter den Masken biederer Bürger-Freundlichkeit verborgen werden. Denn Aggressionen und Gewalt gehen uns alle an.